EL-Kurier 11.08.2013

Werlte (EL) – Laut heult in kurzen Abständen eine Motorsäge auf. Sägespäne fliegen im hohen Bogen umher. Auf den ersten Blick erscheint es, als würde jemand Holz für seinen Ofen schneiden. Doch ein genauer Blick zeigt, dass das Schwert der Motorsäge entlang einer vorgezeichneten Linie schneidet und einen alten Holzstumpf zu einer Skulptur formt, die später den Comichelden Garfield darstellen soll.

Schweiß rinnt Andreas Burrichter über die Stirn. Kein Wunder, denn wer schon einmal eine Motorsäge in den Händen hielt, weiß, wie kraftraubend die Arbeit ist. „Allerdings ist das Schnitzen mit der Motorsäge nicht mit dem allgemeinen Holzschneiden zu vergleichen“, sagt Burrichter. Seit 2011 betreibt der gelernte Tischlermeister das künstlerische Gestalten von Holz mitsamt der Motorsäge. Carving nennt sich das Hobby. Zwar werden handelsübliche Motorsägen dabei verwendet, jedoch mit einem wesentlich kleineren und spitzeren Schwert. Das erleichtert das detaillierte Arbeiten und ist gleichsam weniger anstrengend als das Sägen mit größeren Schwertern.

Anfangs war Burrichter nur neugierig, erzählt er. Seit jeher liebt er die Arbeiten mit Holz. „Auf verschiedenen Veranstaltungen sah ich die Motorsägenkünstler, schaute sie mir ewig an, war fasziniert von den entstandenen Formen.“ Irgendwann versuchte er es selbst. Eine Eule sollte es sein. Noch heute verziert sie Burrichters Garten, auch wenn im Vergleich zu weiteren Kunstwerken eine künstlerische Entwicklung durchaus sichtbar ist. Weitere Kunstwerke folgten. Mittlerweile stehen etwa kunstvolle Thronsessel in Sögel, am oberen Rand ist die Silhouette des Clemenswerther Schlosses zu sehen.

„Von Anfang an habe ich gemerkt, dass mir die Arbeit liegt“, berichtet der heute als Ausbilder in der Erwachsenenbildung tätige Werlter. Dass auch ein gewisses Talent vorhanden sein muss, verhehlt er nicht. „Kreativ war ich schon immer, doch bei der Umsetzung haperte es.“ Im Carving hat er nun einen Weg gefunden, seine künstlerische Ader und ebenso seine Liebe zur Natur auszuleben.

Doch der Spaß ist teuer. „Die Motorsägen sind wartungsintensiv, Benzin, Öl und diverse Ketten und Schwerter werden laufend benötigt, dass summiert sich“, beschreibt der 45-Jährige die Kehrseite seines Hobbys. „Glücklicherweise unterstützt mich ein Händler aus Spanharrenstätte.“

Zudem benötigt Burrichter laufend Holz. Das bekommt er unter anderem von Landwirten aus der Region. Im Gegenzug schnitzt Burrichter ihnen eine Skulptur nach Wunsch. Alles ausschließlich mit der Motorsäge. Doch in Arbeit soll das Hobby nicht ausarten. „Ich will Spaß daran haben, mich nicht genötigt fühlen, jetzt unbedingt noch diese oder jene Arbeit sofort fertigen zu müssen“, sagt Burrichter.

Außerdem bleibt für sein Hobby nur wenig Zeit. Denn neben Beruf und Familie nutzt der Tischler seine freie Zeit auch für Reisen zu Gleichgesinnten. Die gibt es weltweit zu hauf. Treffen ebenso. So gibt es beispielsweise allein in Deutschland viele Veranstaltungen wie etwa in Berlin-Spreewald oder im Schwarzwald, eine Einladung nach Skandinavien ist gerade eingetroffen. „In den vergangenen zwei Jahren habe ich viele Bekanntschaften weltweit gemacht.“ Das Gute: Über das Internet hält Burrichter Kontakt mit den Kollegen, tauscht sich aus, erhält oder gibt Tipps zu künstlerischen Fragen aber auch beispielsweise zu Problemen mit den Sägen. Ihr lautes Geräusch ist indes kein Problem mehr. Für Burrichter schon gar nicht, denn er trägt neben seiner Schutzkleidung auch Ohrenschützer mit einem eingebauten MP3-Player.

Doch auch nahe Anwohner bekommen wenig mit von den Sägearbeiten ihres Nachbarn. Denn unweit von Werlte pachtete sich Burrichter kürzlich eine abgelegene Scheune, in der er nun jederzeit seinem Hobby nachgehen kann und völlig ungestört arbeitet. „Gerade das Ungestörte bietet die Möglichkeit, Ideen zu entwickeln, auszutesten und zu kreieren. Und wenn ein Schnitt mal daneben geht? „Dann kommt das vermurkste Stück in den Ofen und leistet zumindest einen wärmenden Dienst“, weiß Burrichter augenzwinkernd Rat.

Beim Projekt Garfield ist indes noch kein Schnitt daneben gegangen. Vorsichtig schnitzt der Tischler mit der Motorsäge 2 verschränkte Arme heraus, Gesichtskonturen werden deutlich. In Kürze soll die Skulptur den Eingangsbereich eines Kindergartens verzieren. Dazu muss Burrichter sich ranhalten, um pünktlich zum Start fertig zu sein. „Am Ende bürde ich mir doch etwas Druck auf“, bemerkt er mit einem Lächeln und schnitzt munter weiter. Infos gibt es auf www.ab-carving.de.

 

Quelle: Matthias Engelken (EL-Kurier 11.08.2013 Seite 3)

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